Für den Yachtbau kommen ganz unterschiedliche Materialien zum Einsatz - von Holz über Glasfaser, Carbon bis zu Stahl und Aluminium. Wir hatten die Werkstoffe schon kurz in einem Blogbeitrag vorgestellt, als wir uns während der Planung für unsere Viator Explorer 42 DS damit beschäftigt haben. Doch warum ist Aluminium der ideale Werkstoff im Yachtbau?
Gewicht
Leichtbau ist bei Segelyachten enorm wichtig, da nur eine leichte Yacht die verfügbare Segelfläche in gute Segeleigenschaften umsetzen kann. Ein leichtes Boot verbraucht auch bei Motorfahrt weniger Treibstoff bzw. kommt mit einem kleineren Motor aus. Über die Lebensdauer senkt Leichtbau daher auch die Betriebskosten.
Bis ca. 40 Fuss Länge hat GFK Gewichtsvorteile, da die Aluminiumbleche eine Mindeststärke brauchen, um verzugfrei geschweißt werden zu können. Aber bei größeren Yachten kann Aluminium die Vorteile ausspielen.
Festigkeit
Aluminium wiegt etwa 35% von Stahl, benötigt aber ungefähr die 1,5 fache Blechdicke. Der verwindungsfreie und selbsttragende Aluminium-Rumpfbau führt dann im Endergebnis zu einer 29% höheren Zugfestigkeit und zu einer 12,5% höheren Dehnbarkeit im Vergleich zu Stahl. Daher ist Aluminium beim Gewicht und Festigkeit Stahl weit überlegen.
GFK hat zwar eine hohe Zug- und Bruchfestigkeit, allerdings sehr abhängig von der Faserrichtung. Eine Belastung in Querrichtung führt sehr schnell zum Bruch eines Laminats. Typische Belastungen sind Grundberührungen oder Kollisionen oder auch Stöße gegen eine Betonpier bei Wind und Welle. Es kommt dann unweigerlich zu einem Leck und Wassereinbruch.
Ein GFK-Rumpf ist zudem nicht selbsttragend, sondern erhält erst durch die Schoten eine ausreichende Steifigkeit. Dennoch wird er sich bei schwerer See immer verformen. Das "Knarzen" eines Rumpfes ist eine typische Begleiterscheinung. Oft klemmen dann auch Schränke oder Türen. Ein Aluminiumrumpf wäre auch ohne Einbauten absolut stabil und verwindungsfrei. Und natürlich gibt es kein "Knarzen".
Hier ein Beispiel von zwei ähnlichen Schadensfällen. Links der GFK-Rumpf eines Luxuskatamarans, der mit einem Riff kollidiert ist. Rechts der Rumpf einer Aluminiumyacht, die über Stunden von der Brandung auf die Steine am Strand geworfen wurde. Der Katamaran war ein Totalschaden, die Aluminiumyacht ist trotz erheblicher Verformung dicht geblieben.
Hier zum Vergleich der von einer Kollision des Ruders zerstörte Koker einer eigentlich sehr stabilen Malö 46 und der Ruderkoker unserer Viator Explorer 42 DS. Bei solchen Belastungen wird GFK immer versagen, zumal die neuesten Yachtmodelle immer weniger Material verwenden und die GFK-Rümpfe immer dünner werden.
Zum Bau einer Fahrtenyacht ist GFK daher ein völlig ungeeigneter Werkstoff, da eine Kollision oder Grundberührung in abgelegenen Gegenden sehr schnell zum Totalverlust der Yacht führen würde.
Korrosion
Wenn man Argumente gegen Aluminium hört, dann steht Elektrolyse bzw. galvanische Korrosion immer ganz oben. Das ist nicht unbegründet, da es in der Tat einen Aluminiumrumpf in wenigen Wochen zerstören könnte.
Eigentlich ist Aluminium korrosionsfrei, da es mit dem Sauerstoff in der Luft sehr schnell eine dünne Schicht aus Aluminiumoxid ausbildet, die das darunterliegende Aluminium schützt. Die von uns verwendete seewasserfeste Aluminiumlegierung ist zu 100% resistent gegen Salzwasser und wird auch nach Jahrzehnten keinerlei Korrosion zeigen - ganz im Gegensatz zu Stahl, der durch Seewasser komplett zerstört werden könnte. In den Marinas erkennt man Stahlyachten schon von Weiten an den Rostschlieren.
GFK ist hier eher unproblematisch, da es vom Salzwasser nicht angegriffen wird. Allerdings nimmt GFK immer Feuchtigkeit auf und das kann zu Osmose führen. Diese kann über die Jahre erhebliche Schäden im Laminat verursachen.
Doch zurück zur galvanischen Korrosion von Aluminium. Sind zwei Metalle elektrisch leitend verbunden, so wird sich das unedlere Metall langsam im Elektrolyt (bei uns eben Salzwasser) auflösen. Leider ist Aluminium ein recht unedles Metall und steht in der Oxidationsreihe unter Eisen oder Stahl. Fließt nun unbeabsichtigt ein Strom (z.B. bei einer fehlerhaften Verkabelung an Bord), so wird sich das Aluminium recht schnell zersetzen. Die Fotos unten zeigen typische "Ausblühungen" von Aluminium durch Elektrolyse (links) und den Lochfrass im Aluminiumrumpf, wenn man die Ausblühungen entfernt hat (rechts).
Dem kann man natürlich durch eine fachgerechte Elektrik vorbeugen. Der Landstromanschluß ist über einen Isolationstransformator galvanisch vom Bordstrom getrennt. Bei einem fehlerhaften Landstromanschluß kann das also keine Auswirkungen auf das Bordnetz haben. Außerdem ist ein Testschalter eingebaut, mit dem jederzeit geprüft werden kann, ob es Blindströme im Rumpf gibt, die eine galvanische Korrosion verursachen könnten. Zusätzlich schützen sog. "Opferanoden" aus Zink den Rumpf, da sich diese zuerst auflösen, bevor das Aluminium angegriffen wird.
Das Gefahrenpotential ist also beherrschbar, wenn professionell gearbeitet wird. Die zahlreichen Aluminiumyachten, die auch nach Jahrzenten noch wie neu aussehen, sind der Beweis.
Zum Vergleich noch eine typische Korrosion bei einem Stahlrumpf. Der Eigner wollte nur etwas Rost entfernen und hatte gleich ein Leck im Rumpf. Stahlrümpfe rosten von Innen und können daher bei einer Begutachtung von Aussen noch tadellos erscheinen.
Von Aussen kann sich dann nach dem Abschleifen der schadhaften Stelle ein massiver Schaden ergeben, der eine umfangreiche Sanierung notwendig macht. Oft wird so ein Rumpf nur noch durch die Lackschichten zusammen gehalten.
Auch bei GFK-Yachten kann es zu einer galvanischen Korrosion der Metallteile kommen, wenn diese elektrisch leitend verbunden sind. Bei dieser Yacht waren die Kabel der Solarpaneele am Geräteträger durchgescheuert, was den Geräteträger und die Reling unter Strom setzte. Als Folge kam es zu einer massiven galvanischen Korrosion des Edelstahls innerhalb kürzester Zeit.
Kosten
Aluminium kostet zwar das Dreifache von Stahl (aktuell ca. 1500 EUR vs. 500 EUR je Tonne), was bei den 3,7 Tonnen, die wir für eine Viator Explorer 42 DS benötigen, kaum ins Gewicht fällt (auch unter Berücksichtigung der höheren Preise für die verwendete Legierung und von Blechen). Entscheidender ist aber die einfachere Verarbeitung. Die Bauteile werden automatisch geschnitten und kommen dann als "Puzzle" in die Werft. Aluminiumrümpfe lassen sich schneller schweißen und daher spart man viel (teure) Arbeitszeit ein. Der Rumpf unserer Viator Explorer 42 DS war z.B. in nur 3 Monaten fertig. Insofern ist ein Aluminiumrumpf kostenmäßig mit einem Stahlrumpf vergleichbar.
Für einen GFK-Rumpf muß zuerst eine Negativform erstellt werden. Bei einem Einzelbau lohnt das daher nicht, weil sich die hohen Kosten einer Negativform erst im Serienbau wirtschaftlich darstellen lassen.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass ein Aluminium-Werftbau nicht teurer als eine hochwertige GFK-Serienyacht sein muß. Allerdings bekommt man dann für das gleiche Geld eine ungleich stabilere Yacht mit einem viel besseren Werterhalt.
Wartungskosten
Aufgrund seiner Beständigkeit gegen Seewasser muß ein Aluminiumrumpf nicht lackiert werden. Im Gegenteil, ein fein geschliffener Alurumpf wird auch nach Jahren noch wie neu aussehen. Kleine Kratzer steckt er weg, da sich sofort wieder eine schützende Aluminiumoxidschicht bildet. Man spart sich also die erheblichen Kosten für eine Lackierung. Sollte es mal zu einer Beule kommen, so kann Aluminium gut repariert oder geschweißt werden.
Werterhalt
Aluminiumyachten erfreuen sich einer steigenden Nachfrage, der allerdings eine sehr begrenzte Werftkapazität gegenüber steht. Es sind meist kleine Betriebe, die Aluminiumyachten bauen. Die Wartezeiten werden also länger, die Preise steigen. In Verbindung mit der extremen Langlebigkeit und einer hochwertigen Verarbeitung im Werftbau sowie dem sehr überschaubaren Angebot am Gebrauchtmarkt bleiben die Yachten sehr wertstabil. Der Kauf einer Aluminiumyacht ist ein Investment, zumal Bargeld in heutiger Zeit mit seinen Negativzinsen nicht mehr als Wertspeicher dienen kann. Eine gute Aluminiumyacht kann daher als Sachwert verstanden werden, der zudem noch viel Freude bereitet.
Bei den meisten GFK-Yachten sieht es durch ein extremes Überangebot eher schwierig aus. Bei einer typischen Serienyacht verliert man schon bei Unterzeichnung des Kaufvertrages ca. 30% des Wertes. Nach 5 Jahren erfährt man ca. 50% Wertverlust.
Stahlyachten sind eher unverkäuflich. Hier wird man nur über den Preis einen Liebhaber finden. Ein Grund ist eben der sehr hohe Wartungsaufwand, da es ein ständiger Kampf gegen den Rost ist. Ein anderer Grund ist die Bauqualität. Oft sind es Eigenbauten (z.B. die Reinkes), da kann man als Käufer nicht einschätzen, welcher Stahl verwendet wurde, wie die Qualität der Schweißnähte ist oder ob schon beim Bau an einen guten Rostschutz gedacht wurde. Natürlich gibt es auch sehr professionell gebaute Stahlyachten, aber das ist dann eher die Nadel im Heuhaufen. Echter Stahl-Werftbau ist sehr selten geworden und man findet ihn vielleicht noch bei Motoryachten in Holland.
Ein hochwertiger Aluminium-Werftbau hingegen behält seinen Wert. Ein gutes Beispiel mag die rote "Marlin" sein, die 2006 bei Jachtbouw Folmer geschweißt wurde - wie auch unsere "VOLT". Sie lag jahrelang im Surinam-River in Südamerika und rottete im tropischen Klima vor sich hin. Aber nach einer liebevollen Behandlung durch den neuen Eigner sieht sie jetzt wieder aus wie neu. Inzwischen steht sie zum Verkauf. Der aufgerufene Preis von 1,25 Mio. Euro dürfte etwa dem Neuwert entsprechen.